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Übergänge

elf künstlerische Positionen

Rainer Fest
Waltraud Frese
Andreas Horn
Britta M. Ischka
Marte Kiessling
Michael Kruscha
Maja Linke
Bernd K. Lörz
Aleschija Seibt
Anita Tschirwitz
Holger Walleck



Malerei • Fotografie • Objekte • Video


Ausstellungsdauer 7.2.2014 - 9.3.2014

Einführung: Klaus Grundmann M.A.

Sehr verehrte Damen und Herren,

ich darf Sie heute Abend recht herzlich hier in den Räumen des Badischen Kunstforums begrüßen. Bevor ich zu der heutigen Ausstellung und den Künstlern etwas sage, möchte ich noch einige Worte zur Entstehung dieser Themenausstellung sagen.

Im Kuratorium des Badischen Kunstforums legen wir gemeinsam Themen fest, die sich dazu eignen künstlerisches Arbeiten in Bezug auf unsere Gesellschaft oder aus dem Bereich Technik in einer breitgefächerten Weise zu zeigen.

Bei der Auswahl der Themen wissen wir natürlich noch nicht, was wir durch die Ausschreibung und die Aufforderung an die Künstlerschaft, Arbeiten zu diesem Thema einzureichen, zugesandt bekommen. Manche Themen, die wir in der Vergangenheit ausgeschrieben haben, bekommen so eine ganz andere Ausrichtung, als wir dies zu Beginn uns vorgestellt hatten.

Bei dieser Ausstellung, die wir heute eröffnen, zum Thema „ÜBERGÄNGE“, haben wir ca. 180 Zusendungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erhalten.

Veröffentlicht werden die Ausschreibungen auf der Homepage des Badischen Kunstforums, wo sie sich auch über die zukünftigen und bisherigen Ausstellungen informieren können.

In einer langen Sitzung werden dann alle eingereichten Arbeiten gesichtet und ausgewertet und nach Gesichtspunkten, wie zum Beispiel Bezug zum Thema und künstlerische Qualität etc. und Realisierbarkeit in diesen Räumen ausgesucht. Wir stellen dann an Hand der eingereichten Mappen mit Bilddokumentationen die Ausstellung so zusammen, dass ein möglichst großes Spektrum an künstlerischen Positionen gezeigt werden kann.

Das Badische Kunstforum wird teilweise unterstützt vom Verein zur Förderung der Künste in Baden, der auch im jährlichen Rhythmus hier in diesen Räumen eigene  Ausstellungen veranstaltet.

Jetzt aber zu dieser Ausstellung, die wir unter dem Thema „ÜBERGÄNGE“  zusammengestellt haben.

Die Bezeichnung Übergang wird in unserem Alltagsgebrauch in der Bedeutung von Überqueren, Hinübergehen bzw. als Übergang von einem Stadium in ein anderes Stadium, als Übergangslösung oder als zeitlicher Übergangszustand, zum Beispiel eines Lebensabschnittes, oder einer gesellschaftlichen Veränderung benutzt. Im demographischen Wandel bietet das Thema ein sehr breites Betätigungsfeld.

Alle Wortkreationen mit Übergang bezeichnen dabei immer Zustände der Bewegung, in denen sich der Mensch oder die Gesellschaft befinden. Es gibt keine statischen Zustände, auch wenn sie manchmal uns so erscheinen.

Übergänge sind auch immer behaftet mit Unsicherheit und Veränderung. Niemand wird sich gern freiwillig in solch einen Zustand bringen und doch sind Übergänge unsere ständigen Begleiter. Übergänge sind für Betroffene immer mit bedeutsamen Veränderungen verbunden; in einem gedrängten Zeitrahmen strömt dann viel Neues auf uns Menschen ein und wir müssen darauf mit intensiven und beschleunigten Lernprozessen reagieren. 

Immer hat Übergang etwas mit Energie und Veränderung zu tun. Denken wir nur an die aktuellen Protestbewegungen in Ägypten oder der Ukraine.

Wir leben heute in einer Welt der ständigen Grenzüberschreitungen und Grenzverschiebungen. So haben z.B. auch unsere althergebrachten Gesellschaftsmodelle ausgedient; an ihre Stelle treten viel komplexere Systeme, die sich ständig verändern und keine konkreten Vorhersagen mehr zulassen.

Völkerwanderungen aus Afrika und dem Nahen Osten sind in vollem Gange und verändern die Grenzen in unserem Denken nur langsam.

Übergänge sind der Ausgangspunkt für Veränderungen und bringen Risiken mit sich gleichermaßen wie sie Chancen bieten.

Auch in der Kunst haben sich die Grenzen zwischen den Disziplinen Malerei und Musik bzw. Objektkunst aufgelöst: Vor allem finden Kunst und Wissenschaft wieder zusammen; auch sind wir gerade in einem Prozess, in dem die Kunst in einen neuen Dialog mit der Gesellschaft und der Wirtschaft tritt.

Wir haben jetzt hier aus den eingereichten Arbeiten 11 Künstler aus den Bereichen Malerei, Fotografie, Video und Objektkunst eingeladen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich nicht jeden einzelnen Künstler im Detail vorstellen kann.

Rainer Fest

Foto: Rainer Fest

liebt ungewöhnliche Materialien. Er hat das Thema Übergang ganz wörtlich übersetzt, indem er einen Würfel aus Holz so gestaltet, dass das Wort und das Objekt selbst zum Übergang wird. Das Thema ist hier einfach und verblüffend witzig umgesetzt.  

Waltraud Frese

Foto: Waltraud Frese

hat zu dem Thema 6 Fotografien eingereicht. Alle Arbeiten sind mit Lochkameras aufgenommen.

„Übergänge“ ergeben sich sowohl  im Prozess der fotografischen Aufnahme als auch beim ausgewählten Bildgegenstand.

Die fotografierten Übergänge sind  Stege, Wege, Geländer, Treppen, Durchgänge. Die Positionen  dazwischen bleiben im Ungewissen.  Ausgang und Ziel  bleiben offen. Die Orte sind  nicht eindeutig lokalisierbar.

Sie selbst sagt zu ihren Arbeiten ich zitiere:

„Ich fotografiere  mit Lochkameras, zylindrischen Verpackungsdosen, weil mich der Entstehungsprozess des fotografischen Bildes als Gestaltungsprozess interessiert. Auf Grund der langen Belichtungszeiten entstehen  „langsame“ Bilder. Sie zeichnen Prozesse auf, erzählen von Veränderungen und Wandlungen vertrauter Dinge durch das Licht. Wird  während der langen Belichtungszeiten der Standort der Kamera verändert, ergeben sich Überlagerungen.“

Dabei entsteht  in der Kamera eine Montage von zwei Bildern.

Andreas Horn

Foto: Andreas Horn

Seine Arbeit „Der Weg“ ist eine nachkolorierte und digital bearbeitete Fotografie, die im Jahr 2012 während eines Arbeitsaufenthaltes auf der Insel Fehmarn entstand. Sie zeigt einen  Menschen beim Überqueren einer Brücke als symbolischen Akt für den Lebensweg, den jeder Mensch in seinem Leben zwischen der Geburt und dem Tod beschreiten muss.

Er bewegt sich dabei in stetigen Veränderungs- und Übergangsprozessen – vom Kleinkind hin bis zu einem alten Menschen. Wir alle haben diesen Weg zu gehen – ohne Ausnahme -, aber, wie wir ihn gehen, steht alleine in unserer Macht und Verantwortung, denn jeder Lebensweg ist geprägt durch den freien Willen des Menschen.

Britta M. Ischka

Foto: Britta M. Ischka

hat zu unserem Thema das Objekt mit dem Titel „Senfkorn, Versuchsanordnung Nr.2, 2013“ eingereicht.

Eine Plexiglasplatte berührt eine weitere. An der jeweiligen Übergangsfläche findet sich je eine Tuschezeichnung. Die Zeichnungen selbst bleiben flach, doch durch Übereinanderlagern gelingt es, die Zweidimensionalität aufzubrechen und einen Übergang in ein anders geartetes Medium zu ermöglichen. Obwohl der „Plexiglasturm“ an sich Objektcharakter besitzt, bewirkt fast ausschließlich das Gezeichnete die Körperhaftigkeit. Inhaltlich wird das Thema weitergeführt. Der Übergang von einer Erscheinungsform (Same) in eine andere (Pflanze), ein Vorgang, der auf uns weitgehend vertraut und unspektakulär wirkt, erhält die gebührende Aufmerksamkeit und gewinnt ein Stück des Staunenswerten zurück.

Marte Kiessling

Foto: Marte Kiessling

Ihre Videoarbeit „Night Moor“, die während eines Künstleraustauschs in Reykjavik im Winter 2007 entstanden ist, basiert auf seltsamen und obskuren Alpträumen. Durch eine Mixtur aus filmisch wiedergegebenen Wiederholungen der Traumszenen hat Marte Kiessling eine Mixed-Media Animation erstellt, mit gezeichneten Sequenzen, Einzelbildanimation und realen Filmstücken.

Die Einzelszenen finden sich in einem Buch, jedes Mal wenn eine Seite umgeblättert wird, erscheint etwas Neues. Das Buch gibt der Handlung eine Klammer, ähnlich wie ein Tagebuch, in welchem die Erlebnisse der Traumwelten festgehalten werden. Der Sound lehnt sich an den typischen Klang aus Horrorfilmen an, wie Herzklopfen oder düstere Musik.

Michael Kruscha

Foto: Michael Kruscha

Lebt und arbeitet in Berlin. Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen u.a. in Berlin, Freiburg, Greifswald, Wien, Jena, Ulm, Karlsruhe.

Michael Kruscha  ist Maler und Fotograf.

Als geborener Lausitzer beschäftigt er sich auch mit dem regionalen Wandel seiner Heimat, die sehr vom Braunkohleabbau betroffen ist.

In der Ausstellung ist er mit einer Arbeit aus der Serie „Scado“ vertreten , die thematisch die  Umgestaltung dieser Tagebaulandschaften widerspiegelt, die von der Vergangenheit - natürlicher Entwicklung, aktueller Zerstörung bis hin zur Rekultivierung - geprägt sind.

In „Korrekturbedarf“ dem Titel des Bildes, welches hier ausgestellt ist, sieht man eine Phase der Umwandlung, ein sogenannter Übergang, wie Naturraum sich verändert, eine Landschaft künstlich neu angelegt wird, Wandel in Raum und Zeit.

Maja Linke

Foto: Maja Linke

arbeitet vor allem im Bereich der künstlerischen Forschung.

In ihrer Arbeit „The Alphabet of Borders – Europe, Vers I“ befasst sie sich mit der Aufteilung der Welt durch nationale Grenzziehungen.

Zurzeit gibt es 159 Dreiländerecken international anerkannter Staaten, allein 48 innerhalb Europas. Diese Dreiländerecken nehmen herausgelöst die Form von alphabetischen Zeichen einer willkürlich erscheinenden Sprache ein.

Mit Satellitenfotografien und -karten können wir virtuell durch die Welt reisen und in kleine Dörfer, Metropolen, riesige Urwälder und verlassene Gebirge eintauchen – ohne Angst vor Grenzsoldaten oder Aufenthaltsgenehmigungen: Das Alphabet der Grenzziehung wird unsichtbar. Diese scheinbar grenzenlose Welt wird in einem fotografischen Archiv zusammengesetzt und den Grenzzeichnungen gegenüber gestellt.

Die hier ausgestellten Arbeiten zeigen einen Ausschnitt aus der umfassenden Serie „The Alphabet of Borders“ mit einem Schwerpunkt auf Europa.

Bernd K. Lörz

Foto: Bernd K. Lörz

ist mit seiner Arbeit „traffic“ vertreten, die in seinem Gestaltungstil „compainting“ erstellt ist. Dabei stellen Fotos und Scans die Basis für die weitere intensive digitale Entwicklungsarbeit dar.

Es entsteht ein Prozess hin zu neuen, mitunter abstrakten Bilderlebnissen, gespiegelt, verzerrt, verschwommen, verändert, immer im Wandel, in Bewegung, nie im Stillstand. Bekannte Formen, Gegenstände und Umfelder werden so neu interpretiert und sorgen für eine veränderte Sichtweise. Nicht zuletzt sorgt der Direktdruck auf ein Metallträgermaterial für eine matte, stumpfe Farbumgebung, die dies unterstreicht.

Aleschja Seibt

Foto: Aleschja Seibt

hat eine Arbeit eingereicht, die ein Bildmotiv zeigt, das sich in unserem Alltag an jedem Gebäude in der einen oder anderen Art zeigt. Eine geöffnete Tür, ein Blick hinein in einen Raum mit einer Treppe …. Gedanken, Vorstellungen Geschichten werden beim Betrachter geweckt.

Wer kommt uns da gerade entgegen, was ist hinter der Tür verborgen, wo geht die Treppe hin, geht die Tür gleich wieder zu und so weiter…

Assoziationen an uns bekannte Situationen werden wach gerufen auf der Schwelle in einen anderen Raum.

Die Arbeit lässt offen, was am Übergang passiert; die Phantasie lässt jedem einzelnen ein eigenes Erleben zu.

Anita Tschirwitz

Foto: Anita Tschirwitz

Sie bewegt sich in ihren Kompositionen bewusst am Übergang zwischen Abstraktion und angedeuteter Gegenständlichkeit. Die Kompositionen sind von malerischer und ästhetischer Erscheinung.

Bei den hier ausgestellten Arbeiten aus einer Serie Übergang sind Menschen zu sehen, die über eine Glasplatte gehen. Einzelne Fußabdrücke scheinen sich zu bewegen, andere scheinen still zu stehen. Nur die Fußstellung allein lässt erkennen, dass es sich nur um einen vorübergehenden Zustand handelt. Verfremdung und Einstellen in einen geänderten Kontext erzwingen beim Betrachter eine andere Wahrnehmung der Wirklichkeit.


Und nun zum letzten Künstler in dieser Ausstellung

Holger Walleck

Foto: Holger Walleck

Das in der Ausstellung gezeigte Bild  (Acryl a. Leinwand) entstammt einer Bildreihe, die sich mit Fragen nach der Begrenztheit des Lebens, dem Tod, aber auch Fragen der Hoffnung und Orientierung auseinandersetzt. Der Auslöser für die Auseinandersetzung mit dem Thema „Übergänge“ war die zuletzt gehäufte Konfrontation mit dem Tod enger Freunde und Verwandte.

Das Bildmotiv ist die Wiederaufnahme einer künstlerischen Vorlage, der  sich Walleck mit seiner persönlichen Bildsprache angenommen hat.

Er hat sie erweitert, verdichtet und mit malerischen Mitteln durchlebt. Die dargestellte Situation  scheint der Wirklichkeit surreal entrückt:

Im Übergang zwischen Diesseits und Jenseits begleiten zwei Personen eine dritte ins (vielleicht) Nirgendwo.

Im Übergang befinden sich aber auch die formalen Mittel, die Walleck einsetzt; Gegenständliches und Abstrahierendes bzw. Abstraktes ergänzen sich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

wie Sie sehen, bietet das Thema viele spannende Ansatzpunkte der Auseinandersetzung. Einige Künstler, die hier ausstellen, sind heute Abend da - sprechen Sie sie an, wenn Sie fragen haben. Ich wünsche Ihnen eine angeregte, diskussionsreiche Vernissage und danke für Ihre Aufmerksamkeit.



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